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Chancen der Zeit

Die Zukunft gehört den Jungen – auf dem Fundament ihrer Vorgängerinnen und Mentoren.

Die Zukunft gehört den Jungen – auf dem Fundament ihrer Vorgängerinnen und Mentoren. Ein Satz, der nicht besser zum Detailhandel unserer Branche passen könnte. Solch solide Grundlagen können vielerorts in der Schweiz übernommen werden. Das sind nicht nur grosse Chancen für Nachfolgerinnen und Vorgänger, sondern für die ganze Schmuck- und Uhrenbranche.

Gestandene Betriebe bilden eine hervorragende Basis, um Zukunftschancen zu beurteilen und zu bewerten. Ziele von Übernahmewilligen und Vorpensionären können analysiert und abgeglichen werden. Über Jahre vergleichbare Erfolgsrechnungen ermöglichen eine hohe Planungssicherheit – nicht nur für Kaufwillige, sondern auch für deren Geldgeber. Dabei liegt ein wichtiger Schlüssel in einer klaren Profilbildung und dem Bewusstsein für eigenes Knowhow und Stärken. Als Schmuckschmiede und Uhrmacher sind wir uns gewohnt, in unseren Werkzeugkasten zu greifen und das passende Instrument einzusetzen. Ausserhalb des Handwerks sind die erlernten Mechanismen aber selten so verlässlich anwendbar. Es gilt, sich klar zu werden, wie es um das eigene Wissen steht, wo die ausgeprägten Kompetenzen liegen und wo wir uns weiterbilden oder unterstützen lassen könnten.

Selbermacher

Spezifisches Know-how ist das zentrale Element für die erfolgreiche Selbständigkeit. Unabhängig von der Grösse und ob es sich um eine Einzelfirma oder eine andere Geschäftsform handelt. Langjährig selbständige Handwerkerinnen und Detailhändler verfügen in der Regel über das nötige Know-how und kennen ihre Grenzen. Sei es über Weiterbildung oder Erfahrung „on the Job“. Jungunternehmerinnen wiederum können sich mit einer bewussten Standortbestimmung vor allzu schmerzlichen Erfahrungen in der Startphase schützen. Alle, die als ausgebildete Gold- und Silberschmiede oder Graveure an den Start gehen, haben einen vertieften Blick auf die Herstellung gewinnen können. Die Ausbildung am Projekt bringt das positive Selbstvertrauen „ich kanns selber lösen“. Und oftmals haben Junge nach der Lehre bereits Schmuckaufträge von der Bedarfsermittlung über Kalkulation, Zurüsten, Herstellen bis zur freudvollen Übergabe planen und begleiten können. Was liegt also näher, als dies in der eigenen Selbständigkeit zu vertiefen und von Beginn weg gleich alles selber zu stemmen. Ist ja am günstigsten – könnte man zumindest meinen.

Stärken orten

Werden Sie sich bewusst, wo Ihre wirklichen Stärken liegen. Denn wo Stärken zu Hause sind, wohnt nicht nur die Freude an der Umsetzung, sondern fast immer auch die beste Basis für Erfolg. Gerade weil wir in der Branche der emotionalen Werte tätig sind, trägt Leidenschaft so entscheidend zur Ausstrahlung der Unternehmung bei und ist gleichzeitig ein verlässliches Fundament für Authentizität. Dies wiederum bedeutet Unaustauschbarkeit, gibt der Kundschaft einen soliden Anker und nährt Glaubwürdigkeit – allesamt zentrale Motivatoren, sich einen kostbaren und einzigartigen Alltagsbegleiter in Form von Schmuck oder Uhren zu leisten. Umgekehrt bedeutet das aber auch, dass Bereiche ohne eigene Stärken unverhältnismässig viel persönliche Energie binden. Und weil der Arbeitstag nicht beliebig verlängert werden sollte, ist es wichtig, den eigenen Stärken genügend Raum zu lassen. Für die restlichen Bereiche sollte man den Mechanismus kennen. Das Wissen, wie etwas funktioniert oder welchen Ansprüchen es gerecht werden muss, sollten wir uns über Aus- und Weiterbildung aneignen. Wenn uns die Ausführung allerdings nicht liegt, sollte dieser Job im Team an Fähigere delegiert, oder extern vergeben werden. Unterstützung, beispielsweise von Treuhand, Deko-Spezialisten, Strategie- und Profilbildungsprofis oder von externen Handwerkern, können auf der anderen Seite die eigenen Fähigkeiten zur Höchstform bringen.

Abgrenzen statt kopieren Den eigenen Weg des Auftritts zu finden ist manchmal einfacher, als man denkt. Wer sich selber bereits bei der Planung treu bleibt, stellt sicher, dass er nachher nicht einem Steilpass hinterherrennen muss, der sich nicht mit den eigenen Stärken und Intuitionen deckt. Seit den späten Neunzigerjahren ist die Innovationskraft für Schmuck und Uhren tendenziell gesunken. Das heisst nicht, dass diese Zeiten keine herausragenden Handwerks- und Designstücke hervorgebracht hätten. Leider haben aber viele Goldschmiede und Schmuckherstellerinnen gut laufende Konzepte der Konkurrenz abgekupfert. Dass diese Stücke gut verkäuflich sind, ist zweifellos ein ökonomischer Segen. Es hat aber auch dazu geführt, dass sich die Anbieter in diesen Bereichen konzentriert, konkurrenziert und Stücke desselben Kuchens beansprucht haben. Gerade im Mainstream ist deshalb das Angebot grösser geworden, als die Nachfrage. Dies hat schleichend zu weniger Ertrag, mehr Druck und höheren Lagern geführt. Grenzen sich die Betriebe mit ihrem Angebotsprofil hingegen klarer voneinander ab, streiten sie sich nicht mehr um die identischen Kuchenstücke. Der Kuchen würde sogar grösser, weil sich Schmuck und Uhren gegenüber anderen Branchen variantenreicher und breiter präsentieren würden. Buntes Branchen-Puzzle Andere Branchen wildern seit einiger Zeit erfolgreich in unserem Jagdrevier – weil wir es scheinbar nicht geschafft haben, dieses klar und sichtbar abzustecken. Wenn wir uns alle sprichwörtlich auf dieselben Rehschnitzel „einschiessen“, dürfen wir uns nicht wundern, wenn andere Branchen in unserem Wald erfolgreich Wildschweinragout abholen. Es wäre weise, eigene Äcker zu definieren, diese individuell zu bepflanzen und das Gemüse am passenden Ort anzubieten. Wenn wir das Profil richtig abgrenzen, zieht sich automatisch ein unsichtbarer Elektrozaun um unser Pflanzbeet. Je mehr Schmuck wir in austauschbar gefälligem Design und vergleichbarer Qualität anbieten, desto schwächer wird auch das Erscheinungsbild der ganzen Branche. Die Preise werden vergleichbar und erodieren. Je breiter und facettenreicher hingegen dieses Spektrum ist, desto kraftvoller wird Schmuck insgesamt erkennbar. Und desto grösser wächst die Wahrscheinlichkeit, dass Schmuckfreundinnen und Uhrenfreaks ihr Geld an unserem Gemüse-Stand ausgeben statt an jenem der Elektronik-, Möbel-, Reise- oder Leasing-Branche. Genau hier liegt die bestechende Perspektive von einzigartigem, handgefertigtem Schmuck: Er ist frei profilierbar, unabhängig in der Preisgestaltung und losgelöst vom Handelsdruck, der bei Markenprodukten bedacht werden muss. Christoph Brack

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